OEGB-Rückblick 2021 und Ausblick 2022
Seit fast 700 Tagen dominiert das Coronavirus unser (Arbeits-)Leben zwischen Lockdowns, Homeoffice, Homeschooling und Kurzarbeit. ArbeitnehmerInnen finden auf der Webseite jobundcorona Antworten zu den wichtigsten Themen.
Corona-Gesetze, die ArbeitnehmerInnen betreffen
Mehr als 600 Verordnungen, Erlässe, Gesetze und Informationsschreiben regelten im Jahr 2021 Maßnahmen gegen die Pandemie, zu Unterstützungen für die Wirtschaft sowie Änderungen im Arbeitsrecht.
„Uns war es wichtig, eine Lösung zu finden, die möglichst vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern möglichst lange ihren Arbeitsplatz sichert.“
Gesundheit
Familie
Familienhärtefonds
Zwischen 15. April 2020 und 30. Juni 2021 konnten Familien, die durch die Corona-Krise unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, unterstützt. 200 Millionen Euro stellte das Bundeskanzleramt dafür zur Verfügung. Mehr als 100.000 Familien erhielten Hilfe.
Am 18. November 2021 stimmten SPÖ, FPÖ und NEOS für die Wiedereinführung des Familienhärtefonds, erreichten aber keine Mehrheit.
Generalkollektivverträge
Diese Erleichterung haben die Betroffenen nach mehr als einem Jahr ständigen Maskentragens verdient.
Allgemeine Gesetze, die ArbeitnehmerInnen betreffen
Im Jahr 2021 traten eine Reihe von Gesetzen in Kraft, die etwa die Mitbestimmungen jugendlicher Beschäftigter im Betrieb stärken, endlich die Angleichung der Kündigungsfristen der ArbeiterInnen an die Angestellten brachte, aber auch die Abschaffung des Kumulationsprinzips.
Einheitliches Landarbeitsgesetz; Novelle des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG)
Novelle Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz
Das im Mai 2011 erstmals in Kraft getretene Gesetz, wurde über die Jahre immer wieder verbessert. Die Hauptziele waren stets, dass ArbeitnehmerInnen der zustehende Lohn, das zustehende Gehalt für die erbrachte Arbeitsleistung erhalten und es einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen gibt. Eines der Kernstücke war das Kumulationsprinzip. Es bedeutet, dass beispielsweise ein Unternehmer, der zehn MitarbeiterInnen zu wenig Gehalt bezahlt, auch zehn Mal bestraft wird. Strafen für Lohndumping werden also mit der Zahl der geschädigten ArbeitnehmerInnen multipliziert. Genau deshalb schützt das Kumulationsprinzip vor allem vor systematischer Ausbeutung im großen Stil.
Mit 1. September 2021 wurde das Prinzip abgeschafft. Bei allen Delikten werden nunmehr Strafen, die von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig sind, verhängt.
In kaum einem anderen Land ist die Steuerstruktur so ungerecht wie in Österreich. Eine Millionärsabgabe sowie die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer könnte die Steuerstruktur gerechter machen.
EU-Gesetzgebung
Das EU-Parlament hat im Jahr 2021 zwei richtungsweisende Gesetze beschlossen.
Steuertransparenz
AK und ÖGB schickten gemeinsam mit rund 60 anderen Organisationen einen offenen Brief, an die EU-Kommission und die EU-Regierungen. Darin forderten sie Ende Mai 2021 mehr Engagement in Sachen Steuertransparenz. Denn die Verhandlungen dauerten schon fast fünf Jahre.
Ende November 2021 war es dann soweit. Das EU-Parlament hat die Richtlinie zur öffentlichen länderweisen Berichterstattung verabschiedet somit wurde das öffentliche EU-Konzernsteuererklärung zum Gesetz. Multinationale Großkonzerne sind nun verpflichtet offenzulegen, wann und wie viele Steuern sie bezahlen.
Es ist nicht in Ordnung, dass Konzerne durch Optimierungen und Tricks ihren Steuerbeitrag massiv nach unten drücken. Es braucht mehr Steuertransparenz, damit die multinationalen Unternehmen endlich ihren gerechten Beitrag leisten.
Gute Nachrichten aus dem ÖGB
- Das Vertrauen in den ÖGB ist seit 2019 um neun Prozentpunkte gestiegen.
- Seit 28. Jänner 2021 ist die schicke neue ÖGB-Webseite online, seit 25. Jänner 2021 ist der ÖGB auch auf LinkedIn und die Solidarität erscheint seit September 2021 in neuem Layout.
- An 17 engagierte GewerkschafterInnen wurden am 1. Juli 2021 die Sabine-Oberhauser-Medaillen vergeben.
- Ein neuer Gemeindebau in der Stumpergasse (Wien) wird nach dem ehemaligen ÖGB-Präsidenten Rudolf Hundstorfer benannt.
Besondere Herausforderungen für die Gewerkschaftsbewegung
Neben der Pandemie gab es im Jahr 2021 noch eine Reihe weiterer Herausforderungen. Es wurden etwa die systematische Ausbeutung von ArbeiterInnen aufgedeckt, Arbeitsplätze gerettet, Kollektivverträge abgeschlossen und die muttersprachliche Beratung im ÖGB erhalten.
Schwerpunkte und Positionen des ÖGB
Der ÖGB setzte im Jahr 2021 neben den bekannten Schwerpunkten wie Arbeitszeitverkürzung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen einige zusätzliche Schwerpunkte wie etwa die Verbesserung der Situation des Pflegepersonals, Klimapolitik aus ArbeitnehmerInnen-Perspektive, die Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld und die Betriebsratskampagne.
Corona
Gesundheit
Fachkräftemangel
Es braucht Investitionen in die Berufsschulen, mehr Geld für überbetriebliche Lehrwerkstätten, daher kämpfen wir für die Fachkräftemilliarde: Betriebe, die nicht ausbilden, sollen einzahlen, Betriebe, die ausbilden wollen, sollen etwas herausbekommen, ebenso die Berufsschulen und die überbetrieblichen Lehrwerkstätten.
Klima
Wir sind nicht nur die erste Generation, die die Auswirkungen der Klimakrise am eigenen Leib erfährt, sondern vor allem die letzte, die noch etwas dagegen unternehmen kann.
Arbeitszeit
Frauen und Familie
Politik ist Bohren harter Bretter. Bei Frauenpolitik kommt noch eine Stahlplatte hinzu.
Es freut mich, dass dank unseres Drucks beim Thema Kinderbildung Verbesserungen anstehen. Klar ist aber auch, wir werden genau darauf schauen, was tatsächlich umgesetzt wird.
Es wäre höchste Zeit, den Gewaltschutz und eine Frauenpolitik, die Frauen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, endlich mit den nötigen Mitteln auszustatten.
Betriebsrat
Millionärssteuer
Die Gewerkschaft GPA startete im Jahr 2021 die Kampagne „Für gerechte Steuern“.
International
Es geht um den Profit mächtiger internationaler Konzerne und um nichts anderes. (...) Der ÖGB war und ist klar gegen das EU-Mercosur-Abkommen und wird sich weiter dafür einsetzen, es zu verhindern.
Proteste, Demonstrationen, Kundgebungen, Offene Briefe, BetriebsrätInnenversammlungen, Betriebsversammlungen und Streiks
Das Jahr 2021 war trotz aller Einschränkungen ob der Pandemie ein Jahr der Solidarität. GewerkschafterInnen gingen gemeinsam auf die Straße: für ihre Kollektivverträge, für Klimaschutz, für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in den Bereichen Elementarpädagogik und Pflege, um auf fehlende Ausbildungsplätze aufmerksam zu machen und öffentliche Betriebsversammlungen. Es fanden auch die jährlich wiederkehrenden Aktionen zum Internationalen Frauentag, dem Equal Pay Day und zum Gender Pension Day statt.
Sommerdialoge
Seit dem Jahr 2019 finden jährlich Sommerdialoge zu ausgewählten Themen statt. ExpertInnen diskutierten 2021 über „Arbeitsmarkt und Frauen“, „In die Zukunft investieren“, „Wie finanzieren wir die Kosten der Krise gerecht“.
Betriebsräte
Betriebliche und gewerkschaftliche Mitbestimmung muss immer wieder neu erarbeitet und verteidigt werden. Das schaffen wir nur mit starken, engagierten BetriebsrätInnen!
Betriebsratskörperschaften sind das Fundament der Mitbestimmung im Betrieb. Zahlreiche Studien belegen, dass die Arbeitszufriedenheit in Unternehmen mit Betriebsräten viel höher ist als jene ohne. Trotzdem versuchen Firmen immer wieder die Gründung von Körperschaften zu unterbinden.
Der ÖGB startete im April 2021 eine Betriebsratskampagne. Das Ziel der Kampagne war im Aktionszeitraum bis Jahresende 2021, die Gründung von 150 Betriebsrats-, Jugendvertrauensratskörperschaften. Ende Oktober 2021 waren es bereits 140 Neugründungen.
Gewerkschaftstage und -kongresse 2021
- 20. März 2021: 26. Bundeskongress der Parteifreien Gewerkschafter_innen
- 28.-31. Mai 2021: AUGE/UG-Bundeskonferenz
- 13. Juni 2021: 4. PRO-GE-Bundesjugendkonferenz
- 20. September 2021: Jugendvertrauensrätekonferenz
- 16. November 2021: 18. GÖD-Bundeskongress
- 23. November 2021: 1. Bundesfrauenkongress younion
- 24. November 2021: 1. Gewerkschaftstag younion
Personelle Veränderungen im ÖGB
Seit 1. Jänner 2021 ist Richard Köhler Vorsitzender der Gewerkschaft für Post- und Fernmeldebedienstete.
Am 1. September übergab Susanne Hofer nach fast zwei Jahren den ÖGJ Vorsitz an Vorsitzenden der YOUNG younion Richard Tiefenbacher.
Linda Keizer wurde am 1. Oktober 2021 die neue ÖGB-Landessekretärin in Niederösterreich, ihr Vorgänger, Christian Farthofer wechselte in die Arbeiterkammer Niederösterreich.
Neu im Bundesvorstand:
Richard Tiefenbacher (young younion Vorsitzender und ÖGJ-Vorsitzender seit 09/2021) anstelle von Susanne Hofer (ÖGJ-Vorsitzende 2019- 09/2021)
Olivia Janisch (vida Frauenvorsitzende seit 2021) anstelle von Elisabeth Vondrasek (ehem. Frauenvorsitzende der vida bis 2021)
Marion Polaschek anstelle von Vera Koller (beide: AUGE/Unabhängige GewerkschafterInnen)
Richard Köhler (GPF-Vorsitzender seit 1. Jänner 2021) anstelle von Helmut Köstinger (ehem. GPF-Vorsitzender bis 31.12.2020)
Im Jahr 2021 sind einige Kollegen von uns gegangen:
Karl Drochter, Leitender Sekretär des ÖGB (1987-2000) verstarb am 6. Februar 2021.
Anton Korntheuer, Bundessekretär der Gewerkschaft Bau-Holz (1994-2006) verstarb am 14. Februar 2021.
Herbert Pichler, Leiter des ÖGB Chancen Nutzen Büros (2003-2021) verunglückte in der Nacht von 2. auf 3. April 2021.
Gerhard Fritz, Vorsitzender der Gewerkschaft für Post- und Fernmeldebedienstete (2001-2010) verstarb am 26. Juli 2021.
Eduard Giffinger, Leiter des Referats für Betriebsarbeit (1987-2001) verstarb am 27. Juli 2021.
Welche Gesetze treten Anfang 2022 in Kraft
Frühstarterbonus statt Hacklerregelung
Die schlechte Nachricht zuerst. Ab 1. Jänner 2022 ersetzt der „Frühstarterbonus“ die erst 2019 im Parlament beschlossene „Hacklerregelung“. Dies bedeutet das Ende der Möglichkeit, dass Menschen nach 45 Jahren mit 62 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen können.
Mit dem „Frühstarterbonus“ kann mit 62 Jahren die Pension angetreten werden, aber mit Abschlägen von 4,2 Prozent pro Jahr. Für jedes vor dem 20. Lebensjahr gearbeitetem Monat gibt es einen Zuschlag eines Euros – höchstens aber 60 Euro pro Monat. Außerdem müssen vor dem Pensionsantritt 25 beitragsgedeckte Arbeitsjahre, davon zwölf Monate vor dem 20. Lebensjahr, nachgewiesen werden. Das Resultat: PensionistInnen werden bis zu 300 Euro jährlich weniger am Konto haben.
Impfpflicht ab 1. Februar 2022
Ab 1. Februar 2022 soll in Österreich Impfpflicht gegen den Corona-Virus gelten. Das Nichteinhalten wird mit Verwaltungsstrafen geahndet. Die Impfpflicht ist eine politische Entscheidung, die jetzt auf dem Tisch liegt. Basis dieser Entscheidung sind virologische und medizinische Überlegungen und Expertisen, die Sozialpartner waren daher auch nicht in diese Entscheidung eingebunden.
Registrierungspflicht der Gesundheitsberufe
Die seit Beginn der Pandemie im Februar 2020 außer Kraft gesetzte Registrierungspflicht der Gesundheitsberufe beginnt wieder.
Physiotherapie
Ab dem Jahr 2022 übernimmt die Österreichische Gesundheitskassa (ÖGK) in ganz Österreich die Kosten für die Physiotherapie. Damit wurde ein Teil der ÖGB-Forderung nach Leistungsharmonisierung – „Gleiche Leistungen für alle Versicherten“ – umgesetzt.
Psychotherapie
Im Dezember 2020 beschloss die ÖGK das Angebot für Psychotherapie als Kassenleistung bis ins Jahr 2023. Aufgrund des erhöhten Bedarfs, während der Coronapandemie wurde das Vorhaben vorgezogen und soll bis Ende 2022 beendet sein. Dies bedeutet, dass im Jahr 2022 zusätzliche 300.000 Stunden zur Verfügung stehen werden.